Prozent Anteil am Gesamtmarkt) gefolgt
von Apfelsaft mit 27,8 Prozent und Multivitamin
mit 14,2 Prozent.
Die Zuwächse im letzten Jahr deuten
weniger auf eine Renaissance des Saftes
als natürliche Vitaminquelle zur Stärkung
des Immunsystems hin als auf die durch
Covid-19 veränderten Lebens- und Essgewohnheiten.
In Zeiten von Home-Office
und Schulschließungen wird das Frühstück
wieder in den häuslichen Bereich
verlagert und das Smoothie-to-go-Frühstück
durch ein Glas gesunden Direktsaft
begleitend am Frühstückstisch oder vor
dem Computer ersetzt.
Um die Kategorie Saft zukunftsfähig
aufzuladen, kann auf verschiedene Anker
zurückgegriffen werden. Aus zahlreichen
Psychodrama-Studien wissen wir beispielsweise,
dass Regionalität den Verbrauchern
als leicht zu dekodierendes
Signal für Geschmack, Qualität und
Nachhaltigkeit dient sowie für „psychologische
Nähe“ weit über geografische
Beziehungen hinaus. Das Thema Regionalität
treibt Gen YZ nicht nur aufgrund
eines psychologischen „Robin Hood Syndroms“
(Wunsch regionale, „kleine“ Hersteller
zu unterstützen), sondern auch über
eine konkrete Herkunftsverankerung und
dem Wunschideal, lange Transportwege
zu vermeiden. Regional wird zum Synonym
für „aus einer bestimmten Region
stammend“ und macht ein Produkt wie
z. B. einen spanischen Fair Trade Orangensaft
einer landwirtschaftlichen Kooperative
moralisch gegenüber „industrieller
Ware“ überlegen. Bio-Zertifizierungen verstärken
diesen „Reason to believe“.
In anderen Getränkekategorien schon
erfolgreich gespielt wird der „Sommelier
Gedanke“. Sortenreine Säfte (wie heute
bereits bei Beckers Bester oder Gerolsteiner
mit seinen sortenreinen Apfelschorlen)
bieten neue Anknüpfungspunkte, um die
Kategorie Saft genussorientierter aufzuladen.
Saft-Sommeliers als Botschafter und
Multiplikatoren für guten Geschmack und
authentische Qualität können einen Beitrag
zur Stärkung der allgemein positiven
Wahrnehmung von Saft beitragen.
Neue Kontexte braucht
das Land
Für mehr Saft im (Verbraucher-)Tank
werden neue Anlässe und Gelegenheiten
benötigt, die den Saftkonsum zur intuitiv
automatischen Lösung verhelfen.
So wie damals in den 1960er Jahren mit
dem täglichen Schluck Vitamine. Für die
Gen Z (Jahrgänge nach 1995) sind aber
die Zugänge zu Saft im Gegensatz zu
ihren Elterngenerationen nicht „sozialisiert“
und damit auch nicht automatisch.
Vielmehr müssen sich Säfte ihre Wege zu
den neuen Verbrauchern neu erarbeiten:
In einer „Generation Instagram“ sind reale
und virtuelle Welten zu einer selbstverständlichen
Einheit verschmolzen, was für
in Vergessenheit geratene Produkte die
Notwendigkeit einer Social Media tauglichen
(Neu-)Inszenierung der Produkte
voraussetzt.
Exotische Fruchtmischungen reichern
beispielsweise das eskapistische Erlebnis
Momentum an. Es verwundert deshalb
wenig, dass hochwertige und abwechslungsreiche
Saftmischungen und
alkoholfreie Cocktail-Premixes wie von
Granini oder Voelkel ein Plus im letzten
Jahr aufwiesen. Aufregende Saftkreationen
könnten dabei auch im eher „rationalen“
Segment der Gemüsesäfte für
Staunen sorgen. Letztlich ergeben sich
vielfältige Möglichkeiten „langweiliges“
oder weniger einladendes Gemüse wie
Sauerkraut in innovative Saftkreationen
aus Obst und Gemüse jenseits der Zuckerdiskussion
zu neuer Strahlkraft zu
verhelfen. Neugierde ist bei Gen Z in
jedem Fall vorhanden.
Über Selbstoptimierung und „Mehr
Charme für den Darm“ ist auch der Bereich
Detox im Aufwind. Neben Tee sind
Saftkuren längst als Hausmittel verankert.
Der Verkaufsschlager im letzten
Jahr waren aber nicht Produkte mit der
stiefmütterlichen Bezeichnung „Saftkur“,
sondern vitaminreiche Shots auf Basis
von Ingwer und Kurkuma für das tägliche
Wohlbefinden sowie den „Extra Vitamin
und Energy Boost“. Hier lässt das
kleine Start-up Kloster Kitchen (Abb. 4)
aus dem Hersbrucker Land als German
Innovation Award ´21 Winner aufhorchen.
Werbeaussagen wie „Booste deine Morgenroutine“
geben Verbrauchern intuitiv
die Verwendungskontexte für die Shots
vor und mit dem „wertvollen Wissen zu
einer überlieferten Rezeptur aus der Klosterküche“
wird gelungenes Storytelling
betrieben.
Kontextkonzepte, wie sie auch von Beckers
Bester (Abb. 4) und die Marke Rotbäckchen
spielen – zwei der Erfolgsmarken
der Saftbranche der letzten Jahre.
Selbstverständlich trinkt stets das Auge
mit: kein erfolgreicher Saft ohne ansprechendes
Gebinde! Die langjährigen
PET-Follower Valensina haben letztes
Jahr Glas-Mehrweg ergänzt und viele andere
Markenhersteller erweitern ihr Sortiment
dahingehend. Interessant für die
jüngeren, erlebnishungrigen Verbraucher
sind auch kleinere, conveniente Gebinde
oder Dosen als stylische Projektionsfläche
für den partytauglichen, prickelnd
leichten Saftgenuss zu Hause wie auch
unterwegs.
Die Herausforderung für das Marketing
in der Fruchtsaftbranche liegt letztlich
darin, Marken mit starkem und prägnantem
Branding kontextuell attraktiv in
den Lebensalltag der Konsumenten zu
platzieren. Mögliche Positionierungsanker
finden sich zwar weiterhin in Regionalität
und Nachhaltigkeit, wobei das
Storytelling entscheidend ist. Social
Media taugliche Inszenierungen sind
mittlerweile Must-Haves für lebendige
Marke-Mensch-Beziehungen und unverzichtbarer
Bestandteil, um im Rahmen
von Influencer-Marketing auf neue
Kreationen und Trends aufmerksam zu
machen.
Dr. Uwe Lebok
Er gilt im deutschsprachigen
Raum als Marketing
Experte für die Positionierung
von Marken und
verstärkt als Impulsgeber
von Marken in „Sackgassen“.
Er ist Vorstand (CMO)
beim Marktforschungs-
und Markenberatungs institut
K&A BrandResearch und unterstützt vor allem
mittelständische Unternehmen mittels researchbasierter
Markenstrategien.
Claudia Ullrich
Sie ist Senior Brand Consultant
bei K&A BrandResearch.
Nach ihrem Studium
der Ökotrophologie
und Consumer Science an
der TU München arbeitete
sie jahrelang in der Consumer
und Pharma-Marktforschung
(u. a. TNS). Seit
2011 setzt sie ihre bisherige Marktforschungsexpertise
für eine K&A BrandResearch ein. Sie betreut
im Schwerpunkt mittelständische Kunden aus der
Lebensmittel- und Getränkebranche.
Abb. 4: Moderne neue Saftkreationen, Abb. 4: MAobdbe. r4n: eM noedueer nSea fntkerueea tSdiaoiefnt ekLrunes, atd tbiieoe nLi ueGnset,n bdZeieai uGLsuelsöntsZ beaneui sGlöesneZna uslösen
Abb. 4:
Moderne neue
Saftkreationen,
die Lust bei
Gen Z auslösen.
12 · GETRÄNKEFACHGROSSHANDEL 8/2021