in der Kalkkaseintechnik, die auch auf trockenem Kalkputz
(secco = ital. trocken) eingesetzt werden kann, da
die Kalkkaseinfarben im Gegensatz zu den Freskofarben
Bindemittel enthalten, nämlich den im Löschkalk aufgeschlossenen
Käsestoff der Milch (Quark / Topfen). Kalkkasein
ist absolut wasserunlöslich, was den in Kalkkaseintechnik
ausgeführten Malereien eine Dauerhaftigkeit
verleiht, die der einer Malerei in echter Freskotechnik
kaum nachsteht. Auch in der Optik sind beide Techniken
praktisch nicht zu unterscheiden.
So schreibt der „Wulf“, das Standardwerk auf dem Gebiet
der Farbwarenkunde: Kalkkasein, aus Quark und Weißkalk
hergestellt, ist ein in ländlichen Gegenden seit Langem
bekanntes und viel verwendetes Farbenbindemittel,
hauptsächlich für Außenmalereien oder Außenanstriche.
Und Professor Dr. Alexander Eibner, ehemals Vorstand
der Versuchsanstalt für Maltechnik an der Technischen
Hochschule München, fügt unter Berufung auf Forschungen
von E. Berger hinzu: Es besteht also kein Zweifel
mehr, dass sich wenigstens vom Ausgang des Mittelalters
bis zum 18. Jahrhundert eine Technik der Wandmalerei
aus Italien nach Tirol, Oberbayern und Mitteldeutschland
verbreitete, deren Wesen die Anwendung von Käsekalk
war. Man darf annehmen, dass sie wegen ihrer Haltbarkeitserfolge
bald die vorherrschende wurde.
24 MALER UND LACKIERERMEISTER 1 2021 Man kann also davon ausgehen, dass es sich bei den meisten
Lüftlmalereien nicht um echte Fresken, sondern um
Malereien auf Kalkkaseinbasis handelt, zumal da der Rohstoff
dazu in der oberbayerischen Milchwirtschaft reichlich
zur Verfügung stand. Hinzu kommt, dass die meisten
Malereien an bereits bestehenden Häusern vorgenommen
wurden, was eine reine Freskomalerei von vornherein
ausschließt. Aber auch die Malerei auf Kalkkaseinbasis
wird mehr und mehr durch Malereien auf Silikat- oder
Acrylbasis verdrängt, weil diese einfacher und sicherer
in der Anwendung sind. So ist der Begriff „Fresko“ zu
einem Synonym für bildliche Wand- und Fassadenmalereien
gleich welcher Art geworden.
Zurück zur Historie. Neben Franz Karner ist noch Franz
Seraph Zwinck zu nennen, der sich mit dem „Pilatushaus“
(Bürgermeister-Lang-Haus) in Oberammergau (Abb. 4
und 5) ein Denkmal gesetzt hat. Von den übrigen Malern
aus der Frühzeit der Lüftlmalerei sind uns keine Namen
bekannt oder sie lassen sich nicht eindeutig zuordnen.
Neue Ausdrucksweise: Realismus
War die Lüftlmalerei ursprünglich dem Religiösen verhaftet,
so änderte sich das nach den Leiden des Ersten
Weltkriegs schlagartig. An die Stelle biblischer Szenen
und Gestalten traten nun solche aus dem realen Leben,
was auch nach einer neuen Ausdrucksweise verlangte:
dem Realismus.
Dieser Wechsel, der wie eine Befreiung wirkte, ist allein
Heinrich Bickel zuzuschreiben, der am 27. Januar 1897
in Pappenheim an der Altmühl geboren wurde. Sein Vater
übte den Beruf des Dekorationsmalers aus, den auch er
erlernte. 1913 siedelte die Familie nach Garmisch-Partenkirchen
über. Bei Ausbruch des Krieges meldete sich
Heinrich, erst 17-jährig, freiwillig zur Front. Nach seiner
Rückkehr machte er sich auf Reisen nach Italien und Spanien
mit der Freskomalerei vertraut. Sein frischer, kräftiger,
pointierter Stil löste große Begeisterung aus. Schon
bald wurde er mit Aufträgen überschüttet.
Von seinen zahlreichen Arbeiten sind vor allem seine Malereien
am „Bräustüberl“ (Abb. 6) und am Gasthof „Frauendorfer“
(Abb. 7) in Garmisch-Partenkirchen hervorzuheben.
Letztere zeichnen sich nicht nur durch ihre große
Lebendigkeit, sondern auch durch ihre besondere
Perspektive
aus. Diese gibt die dargestellten Personen
Abb. 6: Knorrige
Typen, in deren
Gesichtern und
Händen sich
das harte Leben
in den Bergen
widerspiegelt.
Abb. 8: Ausschnitt
Gasthof „Zum
Rassn“ in Garmisch-
Partenkirchen
Abb. 7: Bayerische
Lebensfreude –
tanzendes Bauernpaar