Marktplatz Deutschland
Dr. Wieselhuber & Partner
Vertrieb nach der Pandemie – aber wie?
Der SHK-Branche geht es nach wie vor
bestens. Auch in Zeiten der Corona-
Pandemie hat das Handwerk volle
Auftragsbücher. Doch zugleich fehlen
Rohstoffe, Produkte haben teilweise
extreme Lieferzeiten, Grundstücke
werden zunehmend zur Mangelware.
Die Folge? Projekte verzögern sich,
Fachhandwerker sind gezwungen ihren
Einsatz auf Sicht zu steuern und ständig
umzudisponieren. Was bedeutet
dies jetzt für die Ausrichtung auf Seiten
des Vertriebs?
Diese Frage betrachtet Florian Kaiser,
Partner und Leiter des Geschäftsbereichs
Bau-/Bauzulieferindustrie
bei Dr. Wieselhuber & Partner im nachfolgenden
Beitrag näher.
Auf welcher Baustelle geht es gerade sinnvoll
weiter? Wo kam und kommt es zu Verzögerungen
auf Grund mangelnder Kapazität
oder fehlendem Material in Vorgewerken?
Dazu kommen die zahlreichen, aus der Not
geborenen Preisrunden der Hersteller – unangenehme
Gespräche, um die sowohl Hersteller
als auch Verarbeiter nicht herumkommen,
um am Ende das höhere Preisniveau
zu akzeptieren. Auf Seite der Auftraggeber
führt dies nicht nur zu Frust und Verzögerung:
Teils werden auch Nachfinanzierungen
und die Reduzierung des Budgets durch einfachere
Ausführung und günstigere Lösungen
notwendig.
Bedingt durch die operative Belastung der
Verarbeiter tendieren diese dazu, auf grundlegende
und altbewährte Produkte zu setzen.
Neue Produkte und innovative Lösungen
werden zum Frust der Auftraggeber und
der Lieferanten nicht mal vorgeschlagen, geschweige
denn angeboten. Dazu kommt,
dass der Markt bzgl. Absatz kaum Wachstum
zeigt. Das erlebte Marktwachstum ist
primär in Preiseffekten begründet.
Demgegenüber steht die Betreuung der
Fachhandwerker und Vertriebsarbeit der
Hersteller, mit dem Ziel, neue, höherwertige,
effizientere und funktionellere Lösungen
zu platzieren. Diese Mühen treffen auf „beschäftigte
Ohren“ und laufen damit quasi ins
Leere. Die Folge: Margenträchtige Neuprodukte
bleiben im Regal liegen. Zusätzlicher
Frust entsteht, wenn Lieferzeiten für bereits
vor über einem Jahr vorgestellte „Neuheiten“
viele Monate betragen und den Bauablauf
erheblich verzögern.
Zugleich haben Hersteller in den letzten 18
Monaten erlebt, dass der physische Besuch
beim Verarbeiter in „altbewährter“ Intensität
und Frequenz vielleicht gar nicht notwendig
ist und Vertriebskosten eingespart
werden können. Digitale Zielgruppenansprache,
Onlineformate, virtuelle Messen und
Produktvorstellungen zeigen: Auch wenn
der persönliche Kontakt wieder stärker in
den Fokus rücken wird – gut umgesetzt ist
auch digital ein hohes Maß an Interaktion,
Response und Ergebnisqualität möglich.
Zugleich wird der gezielte persönliche Kontakt
zur positiven emotionalen Aufladung
der Kunden-/Lieferantenbeziehung und zur
Vertrauensbildung unersetzbar bleiben.
Hersteller sollten also spätestens jetzt ihre
althergebrachte Vertriebsarbeit hinterfragen,
ihre Go-to-Market-Strategie optimieren und
die konsequente Digitalisierung im Vertrieb
vorantreiben. Nach den lehrreichen letzten
Monaten sollte nun die traditionelle Marktbearbeitung
durch Vertrieb und Marketing
kritisch reflektiert und dann nachjustiert oder
neu ausgerichtet werden:
1. Was hat gut funktioniert vor und
während der Pandemie, was nicht?
Die zwangsläufige Erfahrung physische
Außendienstbesuche durch digitale Kontakte
zu ersetzen hat gezeigt was möglich
ist und, dass die immer noch zu beobachtenden
wenig effizienten Besuche bei C- und
D-Kunden zukünftig in digitale Betreuungsformen
überführt werden können. Virtuelle
Produktvorstellungen, Schulungen und Messen
haben – gut und interessant gestaltet –
funktioniert. Dies sind nur zwei Beispiele für
überraschend positive Erfahrungen in den
letzten Monaten.
Florian Kaiser, Partner und Leiter des Geschäftsbereichs
Bau-/Bauzulieferindustrie bei Dr. Wieselhuber
& Partner, berät namhafte Unternehmen
der SHK-Branche zu strategischen und operativen
Themen. Der Umgang mit den vielfältigen Facetten
der zukunftsfähigen Ausrichtung in der Marktbearbeitung
und Leistungsgestaltung sind dabei zentrale
Gestaltungsfelder.
2. Was hat sich die Customer Journey
der verschiedenen Zielgruppen in
den letzten 18 Monaten verändert?
(Siehe hierzu den Beitrag in der April
Ausgabe 2021, ab Seite 17)
Die tatsächlichen Bedürfnisse der Kundentypen
(z.B. Fachplaner, Verarbeiter, Investoren,
Handel) und -segmente (z.B. nach Wertigkeit
und Potential) differenziert zu kennen und
die Aktivitäten daran auszurichten, steigert
die Effektivität.
3. Welche „magischen Momente“ und
Touch-Points sind in den Customer
Journeys der Zielgruppen wichtig?
Wie können Hersteller/Lieferanten
diese möglichst nutzenstiftend und
zielgerichtet gestalten?
Die Kunst liegt darin, echten Nutzen zu stiften
und den Zielgruppen Interaktionen und Momente
zu bieten, die ihre Arbeit erfolgreicher
macht. Voraussetzung sind detaillierte Kenntnisse
der Zielgruppe und ein holistischer Blick
auf die Interaktion vom ersten Besuch bis hin
zur BIM-Strategie.
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