
Kurz erklärt
von Stephan Rösgen, Geschäftsführer Forum Getränkedose GbR
Stephan Rösgen
BRAUINDUSTRIE 6/2021 · 7
BRAUINDUSTRIE: Das Ergebnis der kürzlich erschienenen Studie
über Aluminium-Getränkedosen, die die GVM Gesellschaft
für Verpackungsmarktforschung mbH durchgeführt hat, belegt
eine Recyclingquote von 99,3 Prozent. Das stellt ein sehr gutes
Resultat dar. Können Sie bitte kurz die Einflussfaktoren erläutern,
wie diese Zahl zustande kommt?
Stephan Rösgen: Deutschland ist damit in der Tat weltweit führend.
Das deutsche Pfandsystem hat einen großen Anteil daran,
dass die Dose der Recyclingmeister unter den Getränkeverpackungen
ist. Mehr als 96 Prozent kommen über Pfandautomaten
zurück in den Kreislauf. Der Rest verteilt sich auf behältergestützte
Sammlungen sowie die Dualsysteme. Der historisch
geringe Anteil am Littering (dt: das Wegwerfen von Müll in die
Umgebung, Anm. d. Red.) von 0,03 Prozent zeigt, dass die Getränkedosen
zurück in den Kreislauf kommen.
BI: Für den CO2-Fußabdruck der Getränkedose ist es wichtig,
kurze Transportwege zu gewährleisten und dass die Verpackung
lange im Kreislauf gehalten wird. Wie wird hier der Weg zur Anlage
mit in den CO2-Fußabdruck eingerechnet?
Rösgen: Grundsätzlich gilt: Die Stärke der Getränkedose liegt im
Vergleich zu anderen Gebinden gerade im Transport. Das liegt am
leichten Material und geringen Verpackungsanteil: Die Getränkedose
ist eine echte Spardose – um 97 Prozent Lebensmittel
zu schützen, braucht es nur drei Prozent Verpackung. Bei Mehrweg
Flaschen verändert sich das Transportvolumen nicht, wenn
die Flaschen leer zum Abfüller zurückmüssen. Bei Getränkedosen
ist das anders. Was zuvor in einem Lkw transportiert wurde, passt
zusammengepresst theoretisch in einen VW-Touran. Das ermöglicht
einen umweltschonenden Transport zu den deutschen Recyclinganlagen.
Dosen können dabei in den gleichen Anlagen recycelt
werden wie jedes andere Aluminium- oder Stahlprodukt auch.
BI: Mit jedem Zyklus, den die Getränkedose durchläuft und somit
wiederverwertet wird, verbessert sich der CO2-Fußabdruck. Gibt
es hier eine Anzahl an Zyklen oder einen Wert, wann sich der
Energieeintrag der Primärverwendung amortisiert hat?
Rösgen: Die bei der Herstellung von Aluminiumprodukten benötigte
Energie bleibt praktisch im Material gespeichert. Daran
zeigt sich ein anderer Aspekt der „Spardose“, denn die Getränkedose
wird zu einem Energietresor. Die einmal investierte Prozessenergie
geht nicht verloren. Schon beim ersten Einschmelzen
wird für das Recycling von Aluminiumprodukten wie z. B.
der Getränkedose nur noch 5 Prozent der Energie benötigt, die
bei der Primärherstellung eingesetzt werden muss. Das bedeutet,
dass sich die Ökobilanz des Werkstoffs mit jeder Wiederverwendung
verbessert.
Zudem geht Aluminium als permanentes Material beim Recycling
nicht verloren – im Gegensatz zu Kunststoff oder Papier.
Hier werden die Fasern immer kürzer, der letzte Recyclingschritt
ist dann z. B. zu Toilettenpapier. Eine Getränkedose kann immer
wieder – ohne Qualitätsverlust – recycelt werden. Das macht die
Getränkedose zur ökologisch sinnvollen Verpackung.
BI: Die Getränkedose wirbt mit Eigenschaften wie z. B. weniger
Ressourceneinsatz, weniger Material und Energieverbrauch, optimierte
Produktionsabläufe und hohe Umweltstandards. Welche
Vorteile oder auch Nachteile sehen Sie gegenüber der Mehrwegverpackung?
Rösgen: Mehrweg ist dann
vorteilhaft, wenn die schweren
Flaschen regional vertrieben
und wieder befüllt werden.
Einheitliche
Poolflaschen
verringern
die Umweltauswirkungen
des Mehrwegsystems.
Dem
gegenüber steht allerdings
eine wenig umweltfreundliche
Entwicklung bei Mehrweggebinden
durch den wachsenden
Anteil von Individualflaschen,
die quer durch die Bundesrepublik
zum gleichen Abfüller
zurückmüssen. Mehr Mehrweg
bedeutet immer auch mehr
Weg. Das ist schlecht für das
Klima. Getränkedosen hingegen
reduzieren das Transportaufkommen.
Zudem müssen
Mehrweggebinde hohe Umlaufzahlen erreichen, um umweltfreundlich
zu sein. Das ist oftmals aber gar nicht der Fall.
BI: Getränkedosen können aus Aluminium (Al) oder aus Weißblech
(Fe) hergestellt werden. Diese Studie war auf Aluminiumdosen
ausgelegt. Gibt es eine Studie zu Weißblech-Dosen? Gibt
es hier Unterschiede, welches Material für die Ökobilanz besser
geeignet ist?
Rösgen: Aluminium macht den Großteil des Marktes aus, weshalb
der Fokus solcher Studien nicht auf Weißblech liegt. Die
Recyclingrate von Weißblech liegt allerdings mit 99,7 % sogar
noch über der von Aluminium. Als Metalle teilen sich beide Materialien
inhärente Eigenschaften, die die Getränkedose als Kreislaufprodukt
so begehrt machen. Wie Aluminium kann auch das
recycelte Weißblech flexibel eingesetzt und zu anderen Produkten
weiterverwertet werden.
BI: Wie wird eine Dose hocheffizient recycelt? Welche Verfahrensschritte
sind hier besonders wichtig?
Rösgen: In den Recyclinganlagen werden die Dosen sortiert, vom
Lack befreit, geschreddert und eingeschmolzen. Der Schmelzpunkt
von Aluminium liegt bei 660 Grad. Glas hat einen um fast
1000 Grad höheren Schmelzpunkt als Aluminium und der Energieverbrauch
beim Recycling liegt mit 1,86 kWh über dem von
Aluminium mit 0,7 kWh. Die Nachfrage nach recycelten Dosen
ist daher groß, denn das Recycling eines Kilogramms Aluminium
verhindert den Ausstoß von 20 Kilogramm CO2.
BI: Können Sie sich vorstellen, dass die Getränkedose die Mehrweg
Verpackung in Teilen ersetzen könnte, oder sehen Sie es
als einwandfreies Komplementärgut an?
Rösgen: Wir müssen das Gesamtsystem der Getränkeverpackung
ökologisch weiterentwickeln und das kann nur gelingen,
indem die unterschiedlichen Gebinde ihren Stärken entsprechend
eingesetzt werden. Das heißt, Mehrweg-Poolflaschen
regional und dort, wo lange Transportwege nötig sind, sollten
leichte und platzsparende Verpackungen wie Getränkedosen
zum Einsatz kommen.
BI: Vielen Dank Herr Rösgen für das Gespräch! (emk)
Foto: Forum Getränkedose