Graffitientfernung und Prophylaxe
Kunst oder kann das weg?
Graffiti zu entfernen, erfordert viel Sachverstand und Fingerspitzengefühl.
DER MALER hat mit Rainer Erhardt gesprochen, Geschäftsführer der Pro Urbano
GmbH in Köln. Das Unternehmen arbeitet seit 25 Jahren ausschließlich auf dem
Gebiet Graffitientfernung und Präventivschutz.
DER MALER: Wie wird Graffiti auf mineralischen
Oberflächen wie Beton, Naturstein
oder Ziegel entfernt?
Rainer Erhardt: Anfangs haben wir noch
sehr viel Graffiti abrasiv, d. h. mit einem Partikelstrahlsystem
entfernt. Heute benutzen
wir eher chemische Reiniger, die auf den Untergrund
und die Graffitifarbe abgestimmt
sind. So bleibt die vorhandene Patina erhalten.
Auf die Einhaltung der Umweltrichtlinien
und Vorkehrungen zur Entsorgung ist
unbedingt zu achten. Sollte ein Heißwasser-
HDR benutzt werden, darf der Wasserdruck
nicht zu hoch sein, um weiche Natursteine
nicht zu zerstören.
Bei den Sprayern ist Unterbodenschutzspray
sehr beliebt und es bedarf spezieller Techniken,
um dieses auf ungeschützten, mineralischen
Oberflächen ohne verbleibenden
Restschatten zu entfernen. Besonders ist auf
Rainer Erhardt, Geschäftsführer von
Pro Urbano GmbH Köln und Vorstand der
Gütegemeinschaft Antigraffiti e. V.
empfindliche Untergründe zu achten, z. B.
bei einer verschmierten Kunststoff-Lärmschutzwand.
Falsche Lösungsmittel sorgen
hier dafür, dass der transparente Untergrund
blind und weißlich wird. Als ausführende
Firma ist man verantwortlich und dieser
Schaden kann sehr, sehr teuer werden.
MALER: Ist eine Entfernung auch auf beschichteten
Oberflächen wie gestrichener Putz
oder Lack möglich?
Erhardt: Solche Graffitis sind nur in Ausnahmefällen
zu entfernen, denn die Mittel
unterscheiden nicht, was gewollte oder ungewollte
Farbe ist, und entfernen quasi alles,
was natürlich nicht gewünscht ist. Hier
kommen unsere Subunternehmer aus dem
Maler- und Lackiererhandwerk zum Einsatz.
Die Graffitis werden fachmännisch abgedeckt,
grundiert und neu gestrichen oder
lackiert. Muss nur ein kleiner Teil z. B. an
einer großen gestrichenen Putzfassade ausgebessert
werden, wird zuerst eine Farbtonanalyse
erstellt. Auf dem Markt gibt es viele
Farbtonanalysegeräte, doch nur wenige
sind qualitativ ausreichend. Die Graffitis
werden dann abgedeckt (Isolierschutz)
und fachmännisch überstrichen. Die Kunst
dabei ist, den Farbunterschied akzeptabel zu
gestalten. Ich bin immer wieder begeistert,
wenn Malermeister der alten Schule ohne
technische Hilfsmittel den Farbton fast zu
100 % treffen.
MALER: Wie schützt man offenporige mineralische
Oberflächen?
Erhardt: Zu Beginn meiner Tätigkeit gab
es eine transparente Beschichtung auf Polysacharid
Basis. Dies ist eine Opferbeschichtung,
basierend auf Stärke oder Zucker (wie
Tapetenkleister). Doch kaltes Wasser (Regen)
konnte die Schutzschicht zerstören.
Heute benutzen wir spezielle transparente
Wachse, die mit Heißwasser-HDR bei ca.
90 bar Druck und 90 Grad mit dem aufliegenden
Graffiti entfernt werden können.
Ein sehr umweltverträgliches System, denn
die Graffitifarbe bleibt in Fetzen erhalten
und verfängt sich in einem bereitgelegten
Kunststoffvlies auf dem Boden. Die gereinigte
Fläche wird geopfert und muss erneuert
werden.
Sehr beliebt sind transparente Permanent-
Imprägnierungen. Sie sind optisch kaum
sichtbar, wasserdampfdiffusionsoffen und
wirken hydrophob und oleophob. Graffitis
lassen sich mit Lösungsmitteln entfernen
und die Schutzwirkung bleibt zu 5 bis 10 %
erhalten. Wir empfehlen besonders bei denkmalgeschützten
Objekten oder sehr empfindlichen
mineralischen Oberflächen einen semipermanenten
Schutz. Dies ist eine Kombination
aus Permanent-Imprägnierung und
Opferbeschichtung auf Wachsbasis.
Beim Einsatz dieser Präventivprodukte sollte
unbedingt auf Qualität geachtet werden.
Der Kunde zahlt viel Geld für etwas, das er
nicht sieht. Die Präventivschutzmittel sollten
auf der Liste der geprüften Produkte der
Gütegemeinschaft Antigraffiti e. V. stehen.
Sie sind alle durch das Labor Dr. Kupfer geprüft
und RAL-zertifiziert.
MALER: Kann man auch beschichtete oder
lackierte Oberflächen vor Graffiti schützen?
Erhardt: Ja, hier empfehlen wir einen pigmentierten
oder transparenten Permanentschutzlack.
Diese Beschichtung ist meist
44 MALER UND LACKIERERMEISTER 3 2022