Geschmacks- und Geruchsrichtungen
eine sensorische Empfindlichkeit gegenüber
Fehlaromen im Allgemeinen
behindert.
Aber was ist mit der
möglichen Bildung von
Mykotoxinen?
Grundsätzlich sind viele Schimmelpilze
zur Bildung von Schimmelpilzgiften
(Mykotoxinen) befähigt. Diese
offensichtlich auch mikroökologisch
sinnvollen Metaboliten verursachen bei
Mensch und Tier eine Reihe schwerwiegender
Erkrankungen, weshalb die Zufuhr
bestimmter, bekannterer Mykotoxine
eigens gesetzlich geregelt ist (s. z.B.
Aflatoxin-Verordnung). Im Bereich Getränke
dominieren Mykotoxine wie Patulin
sowie Ochratoxin (Obst- und Traubensäfte).
Für diese wichtigeren Vertreter
(und einige weitere mehr) werden
von einigen wenigen spezialisierten
Laboratorien analytische Screening-
Pakete angeboten. Zweckmäßigerweise
sollten etwaig betroffene Endprodukte
untersucht werden.
Vorteil: Mithilfe von derartigen Untersuchungen
kann im Havariefall zumindest
angeführt werden, dass sich
die Verantwortlichen um eine Schadenseinordnung
und um den gesundheitlichen
Verbraucherschutz in der
Einzelkonstellation – also in concreto
– bemühen und damit in Teilen ihrer
Sorgfaltspflicht nachkommen. Insbesondere
dann, wenn das Gesamtgeschehen
in eine fachlich fundierte Risikobewertung
einfließt (BECKMANN 2010,
2015). Andererseits muss klar gesagt
werden, dass bestimmte Mykotoxine
derzeit nicht in akkreditierten Prüflaboratorien
analytisch erfasst werden.
Z.B. bildet der prominente Penicillium
roquefortii die Mykotoxine „Roque-
Schimmelpilze in
Near-Water-Getränken:
mögliche Eintragswege
• Stark kontaminiertes Leergut
• Flaschentransporteur
• Geöffnete Dachluken
• Luftbelastung, bes.
Füller/Füllerumgebung
• Druckluft
• Gewinde-Abblasungen
• Schallschutzkörper
• Verschlüsse (kontaminierte
Oktabiner, feuchte Kartonagen)
• Lüftungsregime
(„Tag der offenen Tür“)
• Fehler in der Einstellung der
FlaReiMa
• Einträge von der Flaschenabgabe
bis zum Füllereinlauf
Abb. 2: Ausschnittsvergrößerung von
Abb. 1: Schimmelpilze der Gattungen
Penicillium sp. (blaugrünliche Kolonien)
und Aspergillus sp. (schwärzlich-melierte
Kolonien). Auffällig: weiterer Schimmelpilz,
vermutlich andere Penicillium-
Spezies am Rand unten rechts mit
olivgrünem Myzel. – Deutlich sind auch
die Sporangien (= Sporenbehälter) des
Aspergillus sp. sichtbar.
fortin“ und „Penicillinsäure“ (nicht zu
verwechseln mit Penicillin). Beide Metaboliten
werden derzeit nicht analytisch
angeboten. Auch muss eingeräumt
werden, dass – mit Ausnahme von Patulin
und Ochratoxin – vergleichsweise
wenige wissenschaftliche Erkenntnisse
zu dieser Fragestellung vorliegen.
Aussagekraft der klassischen
Mykologie
Im klassischen mikrobiologischen Labor
werden – soweit das entsprechende
diagnostische Wissen vorhanden ist –
üblicherweise Gattungsdiagnosen der
häufigsten im betrieblichen Umfeld
vorkommenden Schimmelpilze (z. B.
Penicillium sp., Aspergillus sp., Mucor sp.,
Cladosporium sp., Fusarium sp.) nach
Anzucht auf gebräuchlichen Nährmedien
gestellt.
Dabei ist zu beachten, dass es gelegentlich
längerer Anzuchtzeiten bedarf, damit
die Schimmelpilze ihr typisches,
makroskopisch sichtbares und meist
farbiges Myzel entfalten, wobei stets
Ober- und Unterseite betrachtet werden
müssen. Reife Wuchs-Stadien
sind dann über sog. Tesafilm-Präparate
mittels Methylenblau-Färbung
oder vergleichbare Techniken wie
eine mikroskopische Beurteilung von
Wuchsformen vorzunehmen. Dabei ist
Geduld und eine entsprechende diagnostische
Erfahrung vonnöten: Gegebenenfalls
muss eine Vielzahl von
Gesichtsfeldern durchmustert werden,
um gattungstypische Muster (z.
B. Konidien-Verzweigungen und Sporangien,
Sporenbehälter) aufzuspüren.
Mikrobiologische Freude keimt (!) auf,
wenn sich bei der oben beschriebenen
„Lösemittelgeruchs“-Problematik
dann für Penicillium sp. typische pinselartige
Konidien zeigen (s. Abb.).
Häufig notwendig:
Kooperation mit spezialisierten
MolekularbiologInnen
Hier kann es dann ebenso wie bei der
Suche nach möglichen Eintragswegen
z. B. im Füllerumfeld sinnvoll sein, molekularbiologische
Untersuchungen
anzustrengen, um eine genaue Artbestimmung
vorzunehmen.
Es empfiehlt sich eine frühzeitige und
vorberichtsreiche Zusammenarbeit
mit spezialisierten Kooperationspartnern.
Am hiesigen Institut hat sich
diese Vorgehensweise seit Jahren bewährt.
Die Kolleginnen um Frau Dr.
Jutta Schönling des Labors GEN-IAL
aus Troisdorf leisten hier ganze und
zuverlässige Arbeit.
Vorsicht ist bei der Interpretation neuzeitlicher
Diagnosen geboten: Gerade
hier hat die sogenannte „Scientific
Community“ teilweise erbarmungslos
zugeschlagen, d. h. eine Vielzahl von
Schimmelpilzen wurde umbenannt
oder taxonomisch unterteilt. Mussten
wir uns seit ca. 10 Jahren daran gewöhnen,
dass der allseits bekannte Aspergillus
niger nun Aspergillus brasiliensis
heißt, so darf sich der an ätiologischen
Zusammenhängen oder konkreten Risikobewertungen
(s. o.) Interessierte
nun auf Diagnosen wie
30 GETRÄNKEINDUSTRIE · 8/2021